Donnerstag 16. Mai 2024

»Selig, wem Christus auf dem Weg begegnet« (GL 275)

Worte von Ber­nar­din Schel­len­ber­ger 1978/2011; Melo­die nach Paris 1681

Um 1970 ist die­ser vier­stro­phige Text in einem klös­ter­li­chen Kon­text ent­stan­den. Die Ordens­ge­mein­schaf­ten stan­den nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil vor der Auf­gabe, deut­sche Ver­sio­nen des zuvor latei­ni­schen Stun­den­ge­bets zu erar­bei­ten. Dafür wur­den Arbeits­grup­pen gebil­det. Ber­nar­din Schel­len­ber­ger (geb. 1944) hat als Mit­glied eines Teams zur Schaf­fung neuer Hym­nen etwa hun­dert sol­cher Bei­träge ver­fasst. Das Vers­maß war in der Regel vor­ge­ge­ben, weil die neuen Hym­nen auf alte, bis­wei­len etwas ver­ein­fachte Melo­dien gesun­gen wer­den soll­ten. Beim Inhalt ent­schied der Autor sich dafür, nicht nur „objek­tive Wahr­hei­ten“ zu nen­nen, son­dern „das kon­krete Leben“ mit ein­zu­be­zie­hen. Der ursprüng­li­che lit­ur­gi­sche „Sitz im Leben“ die­ses Gesangs war also das monas­ti­sche Stun­den­ge­bet, näher­hin die Tag­zei­ten­lit­ur­gie an Gedenk­ta­gen für selig- oder hei­lig­ge­spro­chene Ordensleute.

 

Gleich die erste Stro­phe führt uns direkt in eine bib­li­sche Situa­tion. Um eine Beru­fungs­ge­schichte geht es – was ja ein Thema nicht nur für Ordens­leute, son­dern für alle Chris­ten ist. Jesus trifft Men­schen auf ihrem Lebens­weg und ruft sie in seine Nach­folge mit knap­pen, aber ein­dring­li­chen Wor­ten wie „Auf, mir nach!“ Der Kom­men­tar zur Situa­tion ist gebün­delt in einem ein­zi­gen Wort, das einen gro­ßen bib­li­schen Reso­nanz­raum eröff­net, von den Psal­men über Jesu Berg­pre­digt bis zu der visio­nä­ren Schil­de­rung der Offen­ba­rung des Johan­nes: „Selig!“ Die­ser Hym­nus ist also eine Selig­prei­sung der Nach­fol­ge­rin­nen und Nach­fol­ger Jesu.

Ver­schie­dene bib­li­sche Aspekte der Nach­folge Christi kom­men zur Gel­tung: das Ver­las­sen alles Irdi­schen bis hin zur Kreu­zes­nach­folge (Stro­phe 1) sowie Wüs­te­n­er­fah­run­gen und Gemein­schaft (Stro­phe 2). Die dritte Stro­phe nennt einen wich­ti­gen ver­kün­di­gen­den Aspekt: die Worte und Taten der Nach­fol­gen­den machen Christi Bot­schaft leben­dig. Ja, die Nach­fol­gen­den sind zu allen Zei­ten Boten des Got­tes­rei­ches. So wird ein Stück des Rei­ches Got­tes schon heute Gegen­wart. Des­sen end­gül­tige Zukunfts­di­men­sion besingt dann die letzte Stro­phe: „… dein Reich wird kommen“.

Im Got­tes­lob steht die­ser Hym­nus unter der Rubrik „Öster­li­che Buß­zeit“, was durch die The­ma­tik Nach­folge und Umkehr nahe liegt. Im Lese­jahr B gibt es aller­dings kurz vor der Fas­ten­zeit schon einen Sonn­tag, der für die Ein­füh­rung die­ses Lie­des beson­ders geeig­net ist: der 3. Sonn­tag im Jah­res­kreis. Hier hören wir das Markus-Evangelium mit Jesu Wort: „Kommt her, folgt mir nach! Ich werde euch zu Men­schen­fi­schern machen.“ (Mar­kus 1,17) Mit­samt der kla­ren Ant­wort: „Sogleich lie­ßen sie ihre Netze lie­gen und folg­ten ihm.“ (Mar­kus 1,18) Die erste Lesung han­delt vom Weg des Pro­phe­ten Jona nach Ninive (Jona 3), die zweite von der „Gestalt die­ser Welt“, die ver­geht (1 Korin­ther 7), und der Ant­wort­psalm beginnt mit der Bitte „Zeige mir, Herr, deine Wege; lehre mich deine Pfade!“ (Psalm 25,4) Von der Nach­folge han­delt auch der Kom­mu­ni­on­vers „Wer mir nach­folgt, wird nicht in der Fins­ter­nis gehen. Er wird das Licht des Lebens haben.“ (Johan­nes 8,12)

 

Warum sol­len wir da nicht gleich den Eröff­nungs­vers die­ses Sonn­tags ernst neh­men – „Sin­get dem Herrn ein neues Lied, singt dem Herrn, alle Lande“ (Psalm 96,1) und die­sen Hym­nus „Selig, wem Chris­tus auf dem Weg begeg­net“ neu ein­füh­ren? Beson­ders geeig­net wäre dazu auch eine Lied­pre­digt, die der Pre­di­ger eigent­lich nur zu einem Drit­tel noch schrei­ben muss, weil die Lese­ord­nung die bib­li­sche Grund­lage ja schon „kom­po­niert“ hat und weil das Lied dazu die klin­gende Zusam­men­fas­sung bietet.

Mein­rad Walter

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