Mittwoch 15. Mai 2024

»Also sprach beim Abendmahle« (GL 281)

Worte von Georg Thur­mair (1963); Melo­die nach Bam­berg 1732, Augs­burg 1800

Wer die­ses Lied im Got­tes­lob auf­schlägt, sieht auf einer Dop­pel­seite zwei­mal die glei­che Melo­die, aller­dings mit zwei ver­schie­de­nen Lie­dern für die Hei­lige Woche. Links steht das Lied „Singt dem König Freu­den­psal­men“ für den Palm­sonn­tag, rechts „Also sprach beim Abend­mahle“ für den Grün­don­ners­tag.

 

Die alte Melo­die ist in vie­len Gegen­den fest mit dem Palm­sonn­tag ver­bun­den, weil „Singt dem König Freu­den­psal­men“ (1783) an die­sem Tag zur Palm­pro­zes­sion gesun­gen wird. „Also sprach beim Abend­mahle“, ein Text des katho­li­schen Publi­zis­ten Georg Thur­mair (1963), wei­tet die The­ma­tik der Hei­li­gen Woche bis zum Grün­don­ners­tag. Wäh­rend jedoch das Palm­sonn­tags­lied vom Cha­rak­ter eines Erzähl­lie­des – Jesu Ankunft vom irdi­schen bis zum himm­li­schen Jeru­sa­lem – geprägt ist, wid­met sich das neue Lied von Thur­mair (1909–1984) nur einem ein­zi­gen Gedan­ken. Es geht um die Ein­heit der Jün­ger Jesu – mit Stich­wor­ten wie „seid geeint“ und „eins zu sein“ (Stro­phe 1), „bleibt geeint“ (Stro­phe 3) und „wenn ihr einig seid“ (Stro­phe 4).

Inspi­riert ist die­ses Lied haupt­säch­lich vom Johan­nes­evan­ge­lium, obwohl dort gar nicht vom Abend­mahl berich­tet wird. Der Dich­ter greift Jesu Abschieds­ge­bet auf: „Alle sol­len eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sol­len auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast. Und ich habe ihnen die Herr­lich­keit gege­ben, die du mir gege­ben hast; denn sie sol­len eins sein, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir. So sol­len sie voll­en­det sein in der Ein­heit, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast und die Mei­nen ebenso geliebt hast wie mich.“ (Johan­nes 17,21–23)

Stro­phe 1 nennt Jesu „Tes­ta­ment“ – im Latei­ni­schen hei­ßen die Abend­mahls­worte auch „verba tes­ta­menti“ – und grün­det die Ein­heit der Men­schen unter­ein­an­der und mit Jesus in der gött­li­chen Ein­heit Jesu mit dem Vater.

 

Die zweite Stro­phe deu­tet den Gedan­ken vom Aspekt der Liebe, wie­derum ein johan­nei­sches Grund­mo­tiv, und ver­knüpft ihn mit dem Bild vom Wein­stock und den Reben (Johan­nes 15,5). Die dritte Stro­phe „orches­triert“ das Thema mit zwei wei­te­ren Moti­ven des vier­ten Evan­ge­li­ums: Das „Blei­ben“ (Johan­nes 15,9: „Bleibt in mei­ner Liebe“) und der „Gute Hirt“ (Johan­nes 10,11); nun wird auch der Hei­lige Geist als Prin­zip der Ein­heit genannt.

 

In der drit­ten und vier­ten Stro­phe „kon­tra­punk­tiert“ Georg Thur­mair, der ins­ge­samt etwa 300 Lied­texte ver­fasst hat, die Bot­schaft des Johan­nes­evan­ge­li­ums mit eini­gen Moti­ven des Apos­tels Pau­lus. Die geistig-geistliche Gemein­schaft der Chris­ten (Koino­nia) ver­dankt sich dem Hei­li­gen Geist, der Geist der Liebe (Stro­phe 3) sowie des Glau­bens und Hof­fens (Stro­phe 4) ist. Ein sehr bib­li­sches Lied also! Neben den vie­len alten Lie­dern, die nur den Dia­log zwi­schen „Jesus und Ich“ ken­nen, ist dies ein Lied, das die Gemein­schaft betont. Der Autor hat seine geis­ti­gen Wur­zeln in der Jugend­be­we­gung, der das gemein­same Sin­gen wich­tig war. Vor allem aber war ihm die christ­li­che Ein­heit zur Zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus das durch­aus wider­stän­dige Gegen­bild zur herr­schen­den Ideo­lo­gie, der Thur­mair kon­se­quent ableh­nend gegen­über gestan­den hat, was die Gestapo ent­spre­chend vermerkte.

„Also sprach beim Abend­mahle“ ist ein im guten Sinne ein-seitiges Lied. Es betont das „Wir“ und nicht das „Ich“, außer­dem die „Ein­heit“ und nicht die damit zusam­men­hän­gende „Viel­falt“ etwa der Gna­den­ga­ben. Auch der Sprach­stil ist vom ers­ten Wort „Also sprach“ an nicht an einer heu­ti­gen Zeit­ge­nos­sen­schaft ori­en­tiert, son­dern der Tra­di­tion verpflichtet.

Meinrad Walter

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