Samstag 20. April 2024

Beawahre uns Gott, behüte uns, Gott (GL 453)

Worte: Eugen Eckert; Musik: Anders Ruuth

 

Eine kleine Theologie des Segens

Nichts weniger als eine kleine Theologie des Segens entwirft dieses Lied in Wort und Ton. Im Hinter­grund steht der „Aaronitische Segen“ aus dem alttestamentlichen Buch Numeri, Kapitel 6, Verse 22–27: „Der Herr sprach zu Mose: Sag zu Aaron und seinen Söhnen: So sollt ihr die Israeliten segnen; sprecht zu ihnen: Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuch­ten und sei dir gnädig. Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Heil.“

 

Die Gemeinde stimmt sich ein auf den Zuspruch des Segens

Wenn die Gemeinde dieses Lied anstimmt, dann stimmt sie sich ein auf den Zuspruch des göttlichen Segens. „Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott“ – die Bitte ist so wichtig, dass sie jede Strophe ein­dringlich „einläutet“. Vier Mal wird sie entfaltet. In der ers­ten Stro­phe geht es um Nahrung für Leib und Seele. „Sei Quelle und Brot in Wüstennot“ – diese Bitte ist ein Echo auf die Erfahrungen des Vol­kes Israel mit Manna (Ex 16) und Wasser (Ex 17) in der Wüste. Zugleich klingen in symbolischer Spra­che zwei Sakramente an: Taufe („Quelle“) und Eucharistie („Brot“).

Die zweite Strophe beschreibt den Segen poetisch als Zuwendung. Segen bringt „Wärme und Licht“. Er bleibt nicht anonym, sondern ist Begegnung von Angesicht zu Angesicht, gerade im Ernstfall des Leidens. Solche Zuwendung des Segnens hat ihr Pendant in der Abwendung des Bösen (3. Strophe), das in diesem Lied nicht verschwiegen wird. Erlösung und Frieden sind zwei Worte für das eine Ziel, das die Bibel „Reich Gottes“ nennt. Ist es schon da oder steht es noch aus? Darauf antwortet die letzte Strophe: Das „Leben in Fülle“, das uns im Segen zugesprochen wird, steht noch aus – und ist doch schon da als Verheißung – verbürgt vom Heiligen Geist und in diesem Geist zu verstehen, ja zu ergreifen.

 

Aufbau verlangt danach, immer alle Strophen zu singen

Im Rückblick wird der dreifache Aufbau des Liedes deutlich: Die erste Strophe besingt Gott den Vater, die zweite und dritte nennen den Sohn, der das Leiden mitträgt und das Böse abwehrt; doch erst der Geist „um uns“ führt uns in diese Wahrheit ein. Mit diesem trinitarischen Rhythmus überträgt Eugen Eckert, der Verfasser der Worte, die abschließende Segensformel „das gewähre euch der dreieinige Gott“ auf das gesamte Lied.

Dieser innere Spannungsbogen legt es nahe, gerade dieses Lied immer ganz zu singen und keine Stro­phe auszulassen.

 

Das Lied kommt aus der Tiefe

Dass es in Moll steht, macht das Segenslied keineswegs kraftlos. Die Melo­die schuf der schwedische Theologe Anders Ruuth um 1968 in Buenos Aires. Inspiriert war er dabei von argentinischer Volksmu­sik und von Tango-Klängen. Der ruhig schwingende Dreiertakt wird durch eine Synkope am Ende des ersten Satzes belebt, die nicht hektisch oder eckig klingen darf. Das Lied kommt aus der Tiefe. Melo­disch und harmonisch öffnet sich der erste Teil erwartungsvoll bittend, nach­dem der Tonraum einer ganzen Oktave von unten nach oben durchschritten ist. Der zweite Teil weist dann von oben nach unten, was durch die Wiederholung noch verstärkt wird.

Nichts anderes ist der Segen: zunächst die Bitte aus der Tiefe, dann der Zuspruch aus der Höhe, denn „der Segen kommt von oben“. Deshalb führt die erste Strophe von „unsern Wegen“ bis zu „deinem Segen“. Die letzte Strophe schlägt dann die andere Richtung ein: Der Segen entlässt uns, auch auf neue Wege.

 

Meinrad Walter

 

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